Die Geschichte der Kölner Synagogen-Gemeinde
(von Alexander Tyurin)
Köln im Mittelalter
Die Jüdische Gemeinde Köln ist nachweislich nicht nur die älteste Gemeinde Deutschlands, sondern auch die älteste jüdische Gemeinschaft in Europa nördlich der Alpen. Sie wurde erstmals im Jahre 321 nach der Zeitrechnung im Dekret Kaiser Konstantins erwähnt und umfaßte eine größere Gruppe jüdischer Einwohner.
Schon im 11. Jahrhundert ermöglichen die Quellen Einblicke in das Leben der Kölner Juden. Die jüdische Bevölkerung bewohnte nun nahe dem Rhein im Zentrum der sich rasch entwickelnden Handelsstadt ein eigenes Stadtviertel, in dem es zumindest seit 1040 auch eine Synagoge gab.
Die Kreuzzüge setzten der weitgehend friedlichen Koexistenz zwischen Christen und Juden ein Ende. 1096, im Verlauf des Ersten Kreuzzuges, wurden viele Kölner Juden trotz Schutzmaßnahmen des Erzbischofs getötet, die Synagoge zerstört. Zwar konnte sich die Gemeinde von diesem Übergriff wieder erholen und erlebte sogar bis etwa 1300 in wirtschaftlicher wie religiöser Hinsicht einen Aufschwung, doch war sie in zunehmendem Maße Druck von seiten der christlichen Mehrheit ausgesetzt.
1349, während der großen, ganz Europa überziehenden Pestepidemie, wurde das jüdische Viertel erneut überfallen und in Brand gesteckt. Die Bewohner – soweit sie nicht aus Verzweiflung Selbstmord begangen hatten – wurden ermordet.
Nach einer kurzen Wiederansiedlung von Juden nach 1372 wies der Kölner Rat sie schließlich 1424 aus der Stadt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durften sich keine Juden mehr in Köln niederlassen, und nur mit spezieller Erlaubnis des Rates war einzelnen Juden der Aufenthalt in Köln möglich, jedoch ausschließlich bei Tage und unter begleitender Aufsicht.
Erst ab 1798, nachdem Köln von Truppen des revolutionären Frankreichs besetzt worden war, erhielten Juden wieder das Recht zur Niederlassung. Eine allmähliche Zuwanderung vor allem aus der näheren Umgebung setzte ein, und bereits 1801 konnte eine jüdische Kultusgemeinde gegründet werden.Köln 1933, markiert sind jüdische Einrichtungen.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Bevölkerung von 150 Personen im Jahre 1815 auf 1.300 um 1850 und auf 8.000 um 1895. Vor 1933 wohnten in Köln 20.000 Juden. Im 19. und 20. Jahrhundert entstanden mehrere Synagogen – unter anderem 1899 die große Synagoge in der Roonstraße – , eine jüdische Volksschule und mehrere religiöse, karitative und gesellige Vereine.
Während der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstörten die Nazis Synagogen, ungezählte jüdische Wohnungen und Geschäfte. Während der Schoah wurden mehr als 11000 Kölner Juden von den Nazis ermordet, den restlichen gelang es, in andere Länder zu fliehen.
Eine kleine Gruppe Überlebender gründete 1945 eine neue jüdische Gemeinde. Am 20. September 1959 wurde die wiederaufgebaute Synagoge in der Roonstraße eingeweiht.
Der Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion hat das Gesicht der Gemeinde verändert, die Bedürfnisse sind gewachsen. 1999 wurde daher der Aufbau des Wohlfahrtzentrums in der Ottostraße im Kölner Stadtteil Ehrenfeld beschlossen. Mit der Rückkehr in das alte „Israelitische Asyl“ konnte die Gemeinde an eine gewaltsam unterbrochene Traditionslinie anknüpfen. Im November 2003 begann der Umzug in die zum großen Teil denkmalgeschützten Gebäude: Nach umfangreichen Um- und Neubauten bezog das Elternheim seine neuen Räume. Es folgten die Sozialabteilung, die Verwaltung, die Lauder-Morijah-Grundschule und die Franz-Herschtritt-Kindertagesstätte.
Einen besonderen Höhepunkt erlebte die Synagogen-Gemeinde am 19. August 2005:
Auf Einladung der Gemeinde besuchte Papst Benedikt XVI. im Rahmen des katholischen Weltjugendtages die Synagoge in der Roonstraße. Der Festakt fand weltweit große Beachtung: Es war der erste Synagogenbesuch eines Papstes in Deutschland.
2007 konnte anlässlich der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht am 9. November eine ganz besondere Torarolle in die Synagoge Roonstraße eingebracht werden: Sie stammte aus der am 9. November 1938 zerstörten Kölner Synagoge in der Glockengasse. Der katholische Geistliche Prälat Gustav Meinertz rettete die Torarolle aus dem brennenden Gebäude und gab sie kurz nach Kriegsende der Gemeinde zurück. Wegen ihrer Beschädigungen durfte sie im Gottesdienst jedoch nicht mehr verwendet werden. 2007 schließlich konnte die Tora durch die großzügige Unterstützung des Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner in Jerusalem restauriert werden.