Jom Kippur / Der Versöhnungstag
Jom Kippur ist der jüdische Buß- und Bettag.
Den Höhepunkt der zehn Bußtage bildet der Versöhnungstag, der wichtigste Festtag des jüdischen Jahres. An ihm wird nach talmudischer Tradition das Urteil über den Menschen, das am Neujahrsfest, dem Tag des Gerichts, gefällt wurde, besiegelt und bekommt damit Gültigkeit. Der Versöhnungstag soll dazu dienen, den Menschen zu entsühnen, ihn die göttliche Verzeihung für seine Missetaten erlangen zu lassen. So ist der Versöhnungstag ein Tag der Reue, der Buße und Umkehr.
Selbst Körperhygiene ist auf das Mindestmaß beschränkt
Dieser Tag ist ein strenger Fasttag, und zwar von Beginn des Festes am Abend bis zu seinem Ausgang am nächsten Abend. Weder Essen noch Trinken sind erlaubt; auch Körperpflege, mit Ausnahme des Benetzens der Hände und Augen mit Wasser, ist untersagt. Bevor man sich am Vorabend des Festes in die Synagoge begibt, entzündet man zu Hause ein Licht zum Andenken an seine verstorbenen Angehörigen, das 24 Stunden brennen soll. Manche pflegen auch eine Kerze im Vorraum der Synagoge aufzustellen. Es ist allgemein üblich, dass der Vorhang vor dem Toraschrank und die Decke auf dem Vorbeterpult weiß sind; auch die Torarollen befinden sich in weißen Hüllen. Die Betenden pflegen weiße Kleidung und eine weiße Kopfbedeckung zu tragen.
Die Aufmerksamkeit gilt nur dem Gebet
Der Abendgottesdienst, der noch bei Tageslicht beginnt, wird nach den Anfangsworten der ihn einleitenden Formel Kol Nidre (alle Gelübde) genannt. Dieser Text besteht in einer Erklärung, dass alle Gelübde und Schwüre null und nichtig sein sollen. Am Versöhnungstag dauert der Gottesdienst den ganzen Tag lang. Zu dem Morgengebet, dem festtäglichen Zusatzgebet und dem Nachmittagsgebet kommt noch ein nur an diesem Tag übliches Schlussgebet, an das sich dann nach Einbruch der Nacht das werktägliche Abendgebet und die Hawdala anschließen.
Das Ende des Feiertags
Im Anschluss an den Gottesdienst pflegt dann noch der Mondsegen im Freien stattzufinden, der im Tischri mindestens bis zu diesem Termin verschoben wird. Die Mahlzeit, die man nach dem langen Fasten einnimmt, wird als „Anbeißen“ bezeichnet; sie trägt einen festlichen Charakter, und man wünscht sich gegenseitig ein gutes Jahr und gute Besiegelung.
Aus: Heinrich Simon: Jüdische Feiertage, Verlag Hentrich und Hentrich und Centrum Judaicum Berlin, 2003